Gedanken zum Jahr 2004

Auf ins Jahr der Konsolidierung.

Pfarrer Winfried Anslinger beim Neujahrsempfang im Januar 2004

 

2003 ist vorüber, ein neues Jahr hat angefangen, Zeit zur Besinnung. Ich hoffe, das vergangene Jahr war ein gutes Jahr für Sie, für Ihre Familien und den Freundeskreis. Gesundheit und Friede in den Familien, Freisein von Sorgen um Geld und Arbeitsstelle, das ist zunächst das Wichtigste. Das kommt vor allem anderen, worüber sonst Bilanz gezogen werden kann. Das wird auch an erster Stelle kommen, wenn wir Wünsche fürs angebrochene Jahr aussprechen. Danach dürfen wir auch auf das sehen, was wir gemeinsam haben, gemeinsam erlebt haben, was uns verbindet. In unserer Gemeinde, der wir alle verbunden sind, was hat es da gegeben im abgelaufenen Jahr, was erwartet uns in 2004?

Zunächst wieder ein paar Zahlen. Zahlen sagen für sich nichts, aber im Zusammenhang betrachtet, tragen sie zu einem Bild bei.

Wir feierten 50 Sonntagsgottesdienste. 2 fielen aus. Einer wegen der Häufung zum Jahresende, einer, weil wir 2003 das Pfälzische Gustav Adolf Fest in Homburg hatten und alles zur Stadtkirche hin orientiert war. Dazu kamen die üblichen Gottesdienste zu Karfreitag und Heiligabend. 3 Schulgottesdienste wurden gefeiert. Vor und nach den Ferien, sowie zum Advent. Am 3. Trinitatissonntag war goldene Konfirmation, am 15. Juni einen ökumenischen Gottesdienst beim Jubiläum des Beedener Turnvereins. Es gab 6 Abendmahlsfeiern, die meisten davon bei gut besuchtem Gottesdienst. Getauft wurden im vergangenen Jahr nur 3 Kinder. Konfirmiert wurden 4 Jungen und 5 Mädchen. Geheiratet hat nur ein Paar. Es gab zwei goldene Ehejubiläen.

Diese Zahlen sind dramatisch schlecht. Vergleicht man sie mit den 12 Bestattungen, sieht man, dass unsere Kirchengemeinde übers Jahr hin abgenommen hat, unabhängig vom positiven Saldo der Umzüge. Im vergangenen Jahr hatten wir noch 7 Taufen und 17 Konfirmationen. Wenigstens bei den Konfirmationen wird es in den beiden kommenden Jahren wieder besser: 2004 sind 13 Jugendliche angemeldet und 2005 15.

Durch solche Vorgänge ist nicht der Bestand einer Gemeinde gefährdet, langfristig jedoch wird sich eine schleichende Erosion auswirken.

Eine einzelne Kirchengemeinde kann sich einem gesellschaftlichen Trend nicht entziehen, daher wäre es sinnlos, mit Panik und Hektik zu reagieren. Wir haben jedoch unser Bestes versucht. Das spiegelt sich im Veranstaltungskalender wieder, der sich sehen lassen kann:

Unser Kirchenfest war wieder gut besucht, ebenso die beiden Gemeindenachmittage an Erntedank und 1. Advent. Wir unternahmen zwei Fahrten: eine nach Heilbronn und Bretten, eine nach Saverne. Unser Kirchencafe ist nach wie vor beliebt, unsere Gemeindesäle werden für Familienfeiern aller Art viel nachgefragt. Der Kirchenchor hat Verjüngung und Verstärkung erfahren, wir hatten ein bisschen Sorge darum, jetzt geht es wieder aufwärts. Der Kinderchor trat dreimal auf, es gab ein Zitherkonzert und das ökumenische Adventskonzert fand diesmal bei uns statt. Es gab eine Abendveranstaltung mit einem Diavortrag über Indonesien.

Die Jugend unternahm mehrere Fahrten, es trafen sich drei Kindergruppen und eine Jugendgruppe regelmäßig. Dazu hatten die einzelnen Kreise wieder ihre eigenen Treffen und Feiern.

An Baumaßnahmen hatten wir nichts großes, außer der Inbetriebnahme unserer PV Anlage auf dem Kindergarten Sonnenfeld. Sie läuft seit November und wird einen wesentlichen Teil unseres Strombedarfs decken. Unser Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung.

Ein herausragendes Datum war die Einführung unseres neuen Presbyteriums am 26. Januar.

Was bringt das kommende Jahr?

Einige Veranstaltungen lassen sich jetzt schon absehen, deshalb nenne ich sie:

Am 27. März werden wir den botanischen Garten in Saarbrücken besuchen, eine wenig beachtete Attraktion im Saarland.

Am 4. April ist Konfirmation, am 10. Juni findet die Chorfahrt statt.

Am letzten Ferienwochenende, 28. und 29. August, werden wir das Sommerfest feiern, diesmal gibt es hoffentlich keine Überschneidung mit anderen Veranstaltungen.

Im Jugendbereich wollen wir wieder einen Anlauf für Kindergottesdienst machen, nach einer Umfrage an der Grundschule scheint einmal monatlich ein akzeptierter Termin zu sein.

An Baumaßnahmen ist nichts vorgesehen, außer der Erneuerung unserer Kirchentür und hoffentlich die Wiederinstandsetzung der Turmuhr.

Wie es aussieht, wird 2004 ein Jahr der Konsolidierung sein, wo weniger Geld ausgegeben und hoffentlich einiges gespart wird für künftige Projekte und Reparaturen.

Das waren jetzt alles äußerliche Dinge: Zahlen, Fakten, Bewertungen. Das drückt natürlich nicht aus, was uns eigentlich eint. Gibt es da etwas anzukündigen oder zu berichten?

Ich glaube, ein Ereignis wird in unserer ganzen Kirche gefeiert werden. Das ist ein Doppeljubiläum. 475 Jahre Speyerer Reichstag und 100 Jahre Gedächtniskirche. Was bedeutet das?

Der Reichstag zu Speyer im Jahr 1529 war die Geburtsstunde des Protestantismus. Als Kaiser und Reich versuchten, den neuen evangelischen Glauben zu unterdrücken und alle, die der Lehre anhingen mit der Reichsacht zu belegen, da haben 5 Fürsten und 14 Reichsstädte erklärt, diesen Beschluß nicht durchzuführen. Sie legten ein Dokument vor, welches als „Protestation“ bezeichnet und so in die Geschichte eingegangen ist. Es war Ausdruck des neuen Glaubens, der eigentlich jedoch  ganz alter biblischer Tradition entsprach: Dass man nämlich in Glaubensdingen sich nicht von jemand anderem vertreten lassen kann. Jesus hat immer zum Einzelnen gesprochen. Ihm ins Gewissen geredet, seinen persönlichen Gottesbezug und seine Umkehr zum Thema gemacht. Desgleichen auch die Propheten des alten Testaments. Nie haben sie eine Institution als solche gelten lassen, sei es König oder Priesterschaft. Luther hatte dies wieder entdeckt, nachdem Jahrhunderte lang Kaiser und Papstkirche sich die Macht nicht nur im Politischen, sondern auch über die Seelen der Christenheit geteilt hatten.

Der Protestantismus bedeutet die Wiedergeburt der Freiheit. So schreib es Luther in seinen berühmten Reformationsschriften. Jeder hat Gewissensfreiheit. Es gibt keine Vormundschaft. Jeder Gläubige ist Priester und insofern unmittelbar zu Gott. Das Wort Gottes gilt, unabhängig vom jeweiligen Zeitgeist. Daher übernehmen Christen auch Verantwortung und helfen, die Welt zu gestalten. Nicht nur Kaiser und Papst sind dafür zuständig.

So drückt es auch unsere Jahreslosung aus. Im Markusevangelium heißt es:

"Himmel und Erde werden vergehen, meine Worte aber werden nicht vergehen".

Die Protestanten auf dem Speyerer Reichstag haben ihre Wappen mit diesem Bibelzitat geschmückt. Das Vertrauen auf Gottes gute Weisung für unser Leben durchbricht alle Menschensatzung, jede Tradition, jedes interessengeleitete Meinen. Um dies festzuhalten, hat man vor 100 Jahren in Speyer die Gedächtniskirche gebaut. Sie ist weltbekannt. Im Eingang sind Reichsfürsten und Städte dargestellt, die damals ihre Gewissen höher gestellt haben als Furcht vor kaiserlicher und päpstlicher Autorität. Diese Feiern werden gemeinsam mit der katholischen Kirche und ihren Repräsentanten durchgeführt.

Vor 100 Jahren wäre das undenkbar gewesen. Doch im Zeichen der Ökumene haben beide Seiten erkannt, dass der jeweils andere unverzichtbare Elemente des christlichen Glaubens bei sich bewahrt hat.

Für die meisten Katholiken ist es heute kein Problem mehr, sich zu den Wahrheiten der Reformation zu bekennen. So wie es für Evangelische nicht schwerfällt, den Wert von Liturgie und Tradition anzuerkennen. Beides ergänzt sich.
Daher wollen auch wir unser lokales Feiern mit einer herzlichen Einladung an die katholischen Mitchristen verbinden.
Vorletztes Jahr haben wir unter dem Thema Schnittpunkte unsere Kirchen gegenseitig vorgestellt, letztes Jahr stand im Zeichen der Bibel. Dieses Jahr kann im Zeichen der Reformation stehen.

Ich komme zum Ende:

Was wollen wir uns wünschen im bevorstehenden Jahr?

Gesundheit, Friede und Wohlergehen waren am Anfang genannt. In all dem wird sich zeigen, wie Gott uns begegnet, oft auch wie wir selbst vorgesorgt haben.

Bitten wollen wir darum, dass Gott uns freundlich begegnet. Christen erwarten von zwei Möglichkeiten immer die Bessere. Himmel und Erde mögen vergehen, doch eines bleibt fest: Gottes Versprechen, da zu sein bei allem was geschieht. In diesem Sinn ein gutes, gemeinsames Jahr 2004.

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